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Neulich saß ich bei einem leckeren Espresso am Hackschen Markt in Berlin und dachte darüber nach, was die Berliner so typischerweise frühstücken. Kurzes Brainstorming mit Tante Google brachte schnell Klarheit. Hackepeter-Brötchen!
Geografisch unterschiedlich auch Mettbrötchen, Bauarbeiter-, Feuerwehr- oder Fleischmarmelade oder Ruhrpott Sushi genannt. Die Vielfältigkeit der Synonyme für ein simples Brötchen mit rohem Schweinehackfleisch zeigt Hackepeter ist tief in der deutschen Esskultur verwurzelt. Sogar zum Modellieren von Igeln oder Fröschen (dem sogenannten Kermett) wird Hackfleisch verwendet. Die Liebe scheint also grenzenlos sein. Während meiner Kindheit habe ich einige Exemplare von Mettigeln auf den Buffet-Tischen der Partys meiner Eltern bewundern dürfen. Gleich neben der Käseplatte, den kalten Frikadellen und den russischen Eiern. Die 70er waren lukullische Tiefpunkte. Zumindest aus meiner heutigen Sicht. Den Alten scheint es damals geschmeckt zu haben.
Sind besagte Eier hinter dem Eisernen Vorhang verschwunden und Mettigel fast ausgestorben, blieb Hackepeter als kulinarischer Dino erhalten. Bereits 1801 vermerkte man im Berlinischen Frauenzimmer-Lexicon: „Mett, heißt das reine, von allem Fette abgesonderte Fleisch. Mettwürste werden von dem so eben erwähnten Fleisch oder Mett oder stattdessen von ganz magerem Schweinefleisch gemacht.“ Der Begriff Mett als vom Fett befreites, gehacktes Fleisch geht also schon Jahrhunderte zurück.
Zuerst war Tartare de Boeuf
Bis aus dem bekannten Mett der Berliner „Hackepeter“ werden konnte, bedurfte es Nachhilfe der französische Hofküche. Diese gab es durch die Hugenotten im 17. Jahrhundert, allerdings mit Rindfleisch. Das gab es in den adligen Küchen in einer Frische, die es mögliche machte, es roh zu servieren – in Form von „Tartare de Boeuf“. Es wurde erst unmittelbar vor dem Servieren gehackt, am besten vor den Augen des Gastes. Diese früher als vertrauensbildende Maßnahme entstandene Sitte wird noch heute in besseren Restaurants zelebriert. Allerdings blieb diese effektvolle Spezialbehandlung ausnahmslos dem Fleisch vom Rind vorbehalten. Die französischen Glaubensflüchtlinge hatten neben dem Tatar zahlreiche neue Gemüsesorten wie Spargel, Blumenkohl, Gurken und noch mehr raffinierte Rezepte im Gepäck. Diese wurden allerdings vom preußischen Pragmatismus und der Geringschätzung jeglicher Genusskultur einer Vereinfachung unterzogen.
Ein Budike erfand den Hackepeter
Eduard Martin, seinerzeit “Budiker”, heute würde man ihn “Kneipier” nennen, brachte das edle „Tartare de Boeuf“ dann auf rustikales Niveau. Er zerhackte Schweinefleisch, würzte es mit viel Salz, streute Zwiebeln darüber und hatte mit diesem frühen Barfood so großen Erfolg, dass er sogar eines seiner Restaurants nach dieser Speise benannte. Woher der Namenszusatz „Peter“ stammt, ist nicht überliefert. Möglich, dass man damals noch Petersilie verwendete. Vorstellbar ist auch, dass er schlicht Mitleid mit dem Gehackten hatte. „Peter“ war ein gängiges Synonym für etwas oder jemanden, dem das Schicksal übel mitspielt. Wie den „Ziegenpeter“ oder „Wackelpeter“. Der Hackepeter war also geboren.
Heutzutage der Berliner Klassiker
Hackepeter ist heute in Berlin nicht mehr wegzudenken. Den Weg in die feine Küchenwelt blieb dem Gericht jedoch verwehrt. Dem Hack blieb die Schrippe und die Straße – Superfood der Werktätigen, Rettungsanker der schlagseitigen Zecher.
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Aber nun wird es Zeit der Hackepeter-Schrippe etwas Glanz zu verleihen. Denn den hat sie durchaus verdient.
Vorhang auf!
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Selbstverständlich kann man das gewürzte Mett auch klassisch auf Schrippen servieren.Zutaten
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